Villa Oekermann / Park-Hotel
Gottfried Heinrich Bödeker baute 1867 eine Villa im Oldenburgischen Stil auf dem Grundstück der Oldenburger Straße 136. Er war einer der ehemaligen Besitzer der Bierbrauerei in Bungerhof.
1913 erwarb Apotheker Schaub das Anwesen und ließ es komplett vom Architekten Heinz Stoffregen (1879-1929) umbauen. Sein Domizil sollte genauso modern und prachtvoll werden wie das neue Rathaus von Delmenhorst.
Das Haus wurde vollständig verändert. Aus dem Giebeldach wurde ein Tonnendach (gewölbt wie eine halbe liegende Tonne). Die Fenster verlängerte Stoffregen bis zu den Fußböden und im Erdgeschoss trennten gläserne Flügeltüren die großen Räume.
Typisch für Stoffregen waren auch diverse andere Änderungen: die Regenrinnen wurden eckig; über den Dachgeschossfenstern liefen kleine Friese (Schmuckelemente, bei denen sich die Muster wiederholen); die Türgriffe des Hauses wurden eigens angefertigt, ähnlich denen des Rathauses; aus Parkett wurde Marmor.
Eine kleine Freitreppe führte zum seitlichen Haupteingang. Das Grundstück umfasste ca. 14.000 m² mit Buchen, Walnussbäumen, Obstbäumen und einem kleinen Teich. Hinter dem Haupthaus stand ein Wirtschaftsgebäude, in dem der Gärtner, später der Chauffeur wohnte. Neben den Wohnungen befanden sich hier noch zwei Garagen und eine kleine Autowerkstatt.
Bereits 1919 (unmittelbar nach Ende des ersten Weltkrieges) verkaufte Schaub das gesamte Anwesen an den Korkfabrikanten Arend Oekermann (1880-1948). Dieser lebte dort ein ruhiges zurückgezogenes Leben. Ende des Zweiten Weltkrieges musste Familie Oekermann das Gebäude räumen, da die Engländer die Villa samt Park und Nebengebäuden beschlagnahmte. Die vertriebene Familie „durfte“ auf einem abgetrennten Grundstücksstreifen ein behelfsmäßiges Einfamilienhaus bauen. Erst Mitte der 50er räumten die Engländer das Anwesen und die Familie konnte zurück in die Villa. Die Erben des 1948 verstorbenen Oekermann wohnten nur kurz dort. 1957 verpachteten sie ihren Besitz an den Hamburger Wirt Hugo Pagel. Dieser führte hier die nächsten Jahre das Park-Hotel mit der Gastwirtschaft „Parkklause“, welche in der Garage untergebracht war.
Pagel warb mit Prospekten und Postkarten für sein
„Haus 1. Ranges in ruhiger Parklage direkt an der Bundesstraße 75″
– Idyllischer zum Hotel gehörender Park mit Liegewiesen am Weiher
– Telefon in jedem Zimmer
– Zimmerpreise von DM 8,- bis DM 11,- pro Bett
– Bäder, Duschen, Garagen, Parkplatz, Autoservice
Trotzdem lief das Hotel schlecht. Die Parkklause verkam zu einer zweifelhaften Bar.
Das Gebäude wurde mehrfach der Stadt zur Miete angeboten, z. B. für eine Galerie, Museum oder ähnliches. Die Stadt lehnte ab. Die Erben verkauften schließlich an eine Immobiliengesellschaft, die 1971 alles abreißen ließen und darauf ein „wunderschönes“ Hochhaus baute. Nichts erinnert mehr heute an die ehemalige prachtvolle Villa.
Anm.: Die alte B75 von Bremen nach Oldenburg wurde 1825 als erste Straße im Großherzogtum Oldenburg zur befestigten Landstraße (Chaussee) ausgebaut. Sie führte direkt durch Delmenhorst.
(Eine Karte von 1972 findet ihr hier: www.autobahn-online.de/karten/1972_06.jpg)
Quellen:
„Delmenhorst – Straßen und Häuser“ von Nils Aschenbeck und Karoline Bubke
„Delmenhorst – im Wandel der Zeit“ von Jürgen Mehrtens, Kurt Müsegades, Fritz Schröer
Geb. Daten von Gedbas
Foto aus „Delmenhorst“ vom Dari-Verlag 1930, aktuelle: Carola Schewe-Kinder
Postkarten: Sammlung von Heinz Ohlsen